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Mario Draghi – Lösungsvorschläge, die nur Probleme bringen

Mario Draghi – Lösungsvorschläge, die nur Probleme bringen

Von Sebastian Göring - Einschätzung zu den Lösungsvorschlägen von Mario Draghi zur Ankurbelung der Wirtschaft in der Europäischen Union

Anfang September 2024 gab der ehemalige EZB Chef Draghi, der im Auftrag der EU -Kommission einen Strategiebericht zur EU – Wettbewerbsfähigkeit verfasste, diesen Bericht ab. Im Kern wurde in diesem ausgeführt, dass in Europa zusätzlich € 800 Mrd. Investitionen p.a. notwendig sind, um die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu erhalten und auszubauen.

Diese Feststellung als solche kann man sicher nur unterstützen; nicht nur in Deutschland, sondern in der gesamten EU leiden wir seit vielen Jahren an einer enormen Investitionsschwäche – in Deutschland ganz besonders. Allein in den letzten drei Jahren verlor Deutschland Netto-Investitionen in Höhe von enormen € 300 Mrd. an das Ausland.

Bevor man Maßnahmen für die Zukunft beschreibt, empfiehlt sich zunächst auf die Ursachen dieser Entwicklung zu schauen, um nach deren Klärung die Ziele und Maßnahmen zu bestimmen. Und hier hat das Papier von Mario Draghi entscheidende Lücken, die wie folgt skizziert seien.

Zunächst also zur Analyse der Investitionsschwäche. Privatwirtschaftliche Investitionen – und um diese muss es in einer Marktwirtschaft immer an erster Stelle gehen – werden dann getätigt, wenn die Investoren für ihre Investitionen gute Standortbedingungen und aus diesen folgend, eine angemessene Rendite auf ihre Investitionen zu erwarten haben. Diese positiven Standortbedingungen fehlen in Deutschland und der EU seit mehreren Jahren.

Bei diesen Standortbedingungen ist zu unterscheiden zwischen denen, die von der Politik beeinflussbar sind und solchen, die – zumindest unmittelbar – schwieriger zu beeinflussen sind. Eine zunehmend alternde Bevölkerung oder fehlende Rohstoffe/Bodenschätze sind Beispiele für nicht unmittelbar beeinflussbare Rahmenbedingungen. Die meisten Rahmenbedingungen allerdings sind Felder, die durch Wirtschaftspolitik aktiv gestaltet werden müssen. Hierzu zählen:

  • wenig Bürokratie
  • niedrige oder zumindest wettbewerbsfähige Steuern
  • niedrige Energiekosten
  • gut ausgebaute Infrastruktur
  • gutes Bildungsniveau, innovative Forschung und Entwicklung

Durch diese Maßnahmen kann ein Land zu privatwirtschaftlichen Investitionen ermutigen und den Investoren letztendlich angemessene Renditen auf ihren Kapitaleinsatz in Aussicht stellen.

Schauen wir uns die Entwicklung dieser Standortfaktoren also rückblickend auf die letzten drei Jahre an, so stellen wir fest, dass der Politik in allen gestaltbaren Rahmenbedingungen ein vollkommenes Versagen zu attestieren ist. Die Bürokratie wurde Jahr für Jahr auf ein immer höheres Ausmaß getrieben, und dies gilt sowohl für Deutschland als auch die EU. Deren wachsende Zahl von Beamten ersinnt jährlich neue Gesetze und Auflagen, die die Unternehmen in Europa immer stärker unter Druck setzen.

Durch Maßnahmen wie Lieferkettengesetze oder Berichtspflichten zur Work-Life-Balance der Mitarbeiter in den Unternehmen werden durch staatlich verursachte Zwangsbeschäftigung in den Unternehmen weitere Mitarbeiterkapazitäten gebunden, die weder innovativ sind, noch neue Produkte und Dienstleistungen hervorbringen, sondern ausschließlich die Kosten der Unternehmen erhöhen und somit die internationale Wettbewerbsfähigkeit reduzieren.

Schauen wir uns die Steuern an. Während beispielsweise in den USA im Rahmen des Inflation Reduction Act (IRA) die Steuern für neue Industrieansiedlungen massiv reduziert wurden, gehören die Unternehmenssteuern in Deutschland, egal ob Kapital- oder Personengesellschaften, in Summe zu den höchsten Steuern in Europa. Berücksichtigt man zusätzlich noch die ausufernden Sozialabgaben, die lt. einer vom Verband „Die Familienunternehmer“ in Auftrag gegebenen Studie in den kommenden Jahren die 50 % – Schwelle übersteigen werden, wird der Wettbewerbsnachteil gegenüber Ländern wie der Schweiz oder den USA immer größer.

Den Super-Gau allerdings, schafft sich die EU und Deutschland mit ihrer Energiepolitik. Es ist kein Geheimnis, dass die starke Exportindustrie Deutschlands aus ihrer Stärke der Industrieproduktion entstand, die regelmäßig zu hohen Handelsüberschüssen führte. Diese Stärke der Industrieproduktion resultierte aus innovativen Produkten, die mit günstigem Erdgas in Deutschland gefertigt und exportiert werden konnten. Einfachere Produkte wurden in globalen Lieferketten in erster Linie in China, aber auch den osteuropäischen Ländern gefertigt und als Zulieferteile in deutschen Maschinen und Fahrzeugen verbaut.

Mit dem Wirtschaftskrieg, den die EU und Deutschland gegen Russland als Folge dessen Krieges in der Ukraine entfachte – Frau Baerbock formulierte „…wir werden Russland ruinieren…“ – zerstörte dieser Wirtschaftskrieg in Wahrheit Deutschlands Grundlage erfolgreicher Industrieproduktion.

Sorgenkind Industrie (Foto: Christopher Burns, Unsplash)

Unterstützt durch ein vollkommen irrwitziges „Green Deal“ – Programm, in dessen Ergebnis eine CO2-freie Wirtschaft stehen sollte, entwickelte sich der von Frau v. d. Leyen, ihrer EU-Kommission und deren grün-linken Phantasten (zu denen auch große Teile der Liberalen und EVP/CDU-Fraktion im EU-Parlament zählen) zu einem Programm der groß angelegten Deindustrialisierung Deutschlands und der gesamten EU.

Immer stärkere Eingriffe in den Markt hinsichtlich Vorgaben wie die CO2-Besteuerung auf Fahrzeuge und Gebäude bis hin zu staatlichen Eingriffen wie das Neuzulassungsverbot für Verbrennungsmotoren ab 2035 zerstören orchestriert von einer wahnwitzigen Politik unsere Unternehmen, die gesamte Wirtschaft und somit den Wohlstand unseres Landes und Kontinents. Dies ist umso dramatischer, als bisherige Leitindustriezweige wie Fahrzeugbau und Chemieindustrie eine enorme erweiterte Wertschöpfung mit sich bringen, da sie Zulieferer oder Weiterverarbeiter dieser Branchen sind.

Allein in Baden-Württemberg werden durch das Verbot des Neuzulassungsverbotes von Verbrennungsmotoren 100.000 Arbeitsplätze bis 2035 verloren gehen. Damit sinkt die Kaufkraft – und die zahlreichen Insolvenzen im Bereich Textilhandel und anderer konsumnaher Branchen sprechen hier eine deutliche Sprache. 

Für die Chemieindustrie wiederum ist Gas nicht nur ein Energieträger, sondern auch Grundstoff. Mit dem vielfach teureren LNG sind weite Teile der Chemieindustrie nicht mehr wettbewerbsfähig, weshalb bspw. die BASF zum Jahreswechsel 2024 entschied, das nächste große Werk in China zu bauen. Nicht nur die Automobilindustrie tätigt ihre Investitionen außerhalb Deutschlands – als Beispiel seien die Batteriefabriken von Porsche und Tesla genannt, die nun in den USA gebaut werden – sondern auch andere Industrie- und Zukunftsbranchen verlassen Deutschland und Europa in Folge des vollkommenen Unvermögens der derzeitigen politischen „Elite“ in Deutschland und Europa.

Dies könnte man beliebig so weiter ausführen, die Hochbau-Industrie ist stark rückläufig, da aufgrund der hohen Bau- und Energiestandards Wohnungsbau schlichtweg nicht mehr bezahlbar und rentabel ist (statt der 400.000 Wohnungen p.a. die die Bundesregierung bauen wollte, wurden nicht einmal 100.000 Wohnungen p.a. gebaut!). Entsprechende Insolvenzen sind in den nächsten Monaten zu erwarten, und auch die „fixe Idee“ vom „Grünen Stahl“ – mit Wasserstoff erzeugt – ist eine Wahnvorstellung Grüner, Roter, Gelber und Schwarzer Politiker, die nichts, aber auch gar nichts mit der Realität zu tun hat. Die Wahrheit ist, Stahlproduktion mit Wasserstoff ist international schlichtweg nicht wettbewerbsfähig, wie inzwischen weite Teile der Industrie in Europa aus den oben genannten Gründen.

Sorgenkind EZB (Foto: Klaus Fiedler, Unsplash)

Kommen wir also nun zurück auf das „Draghi-Papier“, welches dieser und Frau von der Leyen uns in der zweiten Septemberwoche vorstellten. Finden sich hier auf die o.g. Ursachen zielende Maßnahmen, wurden die wahren Ursachen überhaupt angesprochen? Die Wahrheit ist: nein. Statt die Gründe für den wirtschaftlichen und sozialen Abstieg der Europäer ehrlich zu analysieren und Handlungsempfehlungen zur Korrektur aufzuzeigen, werden diese Ursachen mit Allgemeinphrasen wie „müssen die Energiepreise senken und gleichzeitig die grüne Transformation vorantreiben“ vernebelt und durch planwirtschaftliche Eingriffe Verbesserungsmöglichkeiten suggeriert.

So wird in dem Papier tatsächlich behauptet, man könne sich „nicht länger auf offene ausländische Märkte verlassen“. Dieser Satz von einer europäischen Politik-Nicht-Elite – die in der Vergangenheit durch politische Sanktionspolitik gegen Russland und aktuell durch Importzölle gegen China uns von wesentlichen Handelspartnern aus politischen Motiven zum Schaden unserer Wirtschaft abschneidet – suggeriert, man könne sich nicht länger auf Handel mit ausländischen Märkten verlassen. 

In den weiteren Ausführungen wird das ganze Maß von zunehmender Planwirtschaft sichtbar. So kritisiert beispielsweise DIHK-Präsident Peter Adrian, dass es wenig hilfreich erscheint, wenn die EU nun auch Vorgaben für eine „Mindestproduktion“ in der EU macht, denn „…Unternehmen passen ihre Lieferketten ohnehin fortlaufend an…“. Planwirtschaftliche Eingriffe, die somit die Produktion weiter verteuern und die Produkte in Folge noch weniger wettbewerbsfähig machen, sind daher als schädlich anzusehen.

Mit anderen Worten, ein Zurückdrehen der Globalisierung und ersetzende Planwirtschaft der Politik – was und wo in welchem Umfang in der EU produziert werden soll – vernichtet Wohlstand und ist für eine international ausgerichtete Wirtschaft schädlich. Es ist schlicht das Gegenteil von Freiheit, von sozialer Marktwirtschaft, und es führt zu hohen Opportunitätskosten statt Wohlstand. 

Den schlimmsten Teil des sogenannten „Wirtschaftsprogramms“ formuliert Draghi allerdings, wenn er ausführt wo die jährlichen € 700 – € 800 Milliarden herkommen sollen, die in etwa 5 % des BIP der EU entsprechen, und somit dem Zwei- bis Dreifachen des Marshallplanes zum Wiederaufbau Europas nach dem 2. Weltkrieg entsprechen – Und: wo und wofür diese Investitionen beabsichtigt sind.

Draghi ist der Meinung, dass die Finanzierung durch „neue gemeinsame Quellen“ erfolgen soll. Er vertritt die Auffassung, dass energieintensive Produktion im Rahmen des Green Deal künftig in den Regionen Südeuropas oder Skandinaviens erfolgen soll, wo Energie aus Sonne und Wasserkraft gewonnen werden könne, und demzufolge nicht mehr in Deutschland.

Mit „neuen Quellen“ meint Draghi gemeinsame europäische Schulden.

Mit anderen Worten, der Plan der neuen „grünen Industriewelt“ soll nach Draghis Plänen von Ländern wie Deutschland finanziert werden, die aufgrund eigener guter Bonität für Euro Bonds und ähnlichen Finanzierungsquellen haften – während die Wertschöpfung, Gewinne und Steuereinnahmen künftig in Italien, Spanien und Skandinavien erfolgen soll.  Frau von der Leyen fiel in diesem Zusammenhang ein, man können als Finanzierungsquellen auch europäische Steuern und Zölle, beispielsweise marktwirtschaftsfeindliche Importzölle, als Finanzierungsquelle nutzen. 

So enden die irrsinnig verschleuderten Steuergelder (Foto: Dmitry Bukhantsov, Unsplash)

Weiterhin führte Draghi in seinem „Konzept“ aus, dass diese Investitionen in wesentlichen Teilen auch in die Verteidigung und somit Rüstungsindustrie fließen sollen.

Dies ist umso unsinniger, als die Rüstungsindustrie bekanntermaßen ein Industriezweig ist, dessen Abnehmerkreis sich in hohem Maß aus den Staaten der EU ergibt. Die Rüstungsausgaben müssen aber einerseits vom europäischen Steuerzahler finanziert werden, dessen Steuern dadurch in geringerem Maß für Bildung, Infrastruktur, Soziales ausgegeben werden können. Andererseits konkurriert die Rüstungsindustrie dann mit staatlicher Alimentation um die immer wichtiger und knapper werdenden Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt. Ein Mittelständler, der in seinem Betrieb innovative Medizintechnik oder Maschinen herstellt, wird mit den staatlich subventionierten Gehältern der Rüstungsindustrie nicht mithalten können, die er zudem noch mit seinen eigenen Steuern bezahlt.

In Summe ist festzuhalten, dass das Draghi-Papier eine Fortsetzung und Beschleunigung der katastrophalen ökosozialistischen Planwirtschaft der letzten Jahre darstellt. Statt die auf Seite 1 dieses Papiers genannten Defizite zu beseitigen, wird auf „von allem noch mehr“ gesetzt, noch mehr Bürokratie, noch höhere Steuern (die gemeinsamen Schulden müssen refinanziert werden) und noch höhere Energiekosten (durch den einseitigen Fokus auf Ökostrom), statt eines klaren Bekenntnisses zu Freiheit und Marktwirtschaft, wie es das ökonomische Konzept der WerteUnion darstellt. 

 

Von den sogenannten etablierten Parteien, deren Politiker den Abstieg Deutschlands zu verantworten haben, kommt kein signifikanter Widerspruch. Am Ende dieses Plans wird Deutschland deindustrialisiert sein, und die Deutschen werden die Schulden für diese Politik der Planwirtschaft auferlegt bekommen. Diese Gleichgültigkeit lässt sich nur mit fachlicher Inkompetenz, fehlendem Urteilsvermögen oder persönlichen Interessenlagen der eigenen Ideologie erklären.

Während der einen Gruppe der wirtschaftliche Niedergang für weniger CO2 als akzeptabler Kollateralschaden erscheint, fördern die Unions-Parteien und ehemals Liberalen die internationale Finanzindustrie. Diese sieht ihre Zeit gekommen, durch Kreation und Verkauf von sogenannten „Wertpapieren“ Gewinne auf Kosten der Steuerzahler zu erwirtschaften. Dass die Verschuldung zu einer weiteren Entwertung des Geldes und Verminderung der Kaufkraft der Menschen führt, ist offensichtlich. Schauen Sie sich die Entwicklung des Goldpreises an. Ein Wertzuwachs von 30 % innerhalb genau eines Jahres und neue Schulden werden Geld und Realvermögen der Menschen immer wertloser werden lassen.

Sebastian Göring ist Dipl.-Kaufmann (FH) und Managing Partner einer führenden M&A-Gesellschaft. Privat spielt er leidenschaftlich Volleyball. Für die WerteUnion in Baden-Württemberg ist er Experte bei den Themen Wirtschaft, Finanzen und Geldpolitik.

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